Startseite > Allgemein > Sehr geehrter Herr Ortsbürgermeister Graul,

leider habe ich noch keine Rückmeldung auf meine Anfrage vom 10.07.23 erhalten.

Ich habe die Hoffnung, dass Sie sich intern mit den Mitgliedern des Ortsgemeinderates inzwischen beraten haben.

Wie dringlich die Angelegenheit ist kann man im Artikel des heutigen Trierischen Volksfreundes lesen. Denn die AfD schießt sich auf dieses Thema offensichtlich ein.

Und die letzten Landtagswahlen haben leider besorgniserregende Ergebnisse erbracht, auch in unserer Verbandsgemeinde. Berthold Brecht würde dazu sagen: „Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch“.

Und im Hinblick auf die Kommunalwahlen im nächsten Jahr, bin ich äußerst besorgt und betone hiermit explizit, dass es mir nicht um evtl. persönliche Differenzen geht, sondern auch zusätzlich um die Gefahr des Demokratieverlustes. Man sehe sich nur die Kommentare in den Sozialen Medien an. So ist zu befürchten, dass sich möglicherweise eine Ortsgruppe der AfD hier vor Ort bildet.

Ich bitte Sie als Ortsbürgermeister der Standortgemeinde Thalfang dringend darum parteiübergreifend und mit allen Dörfern der VG Thalfang in dieser Angelegenheit dahingehend zusammenzuarbeiten, um einen starken Block zu bilden, wie ich in meiner letzten Email an Sie geschrieben habe.

Ich hoffe aufrichtig auf eine positive Rückmeldung.

Mit freundlichen Grüßen

Silvia Pfeiffer

Sehr geehrter Herr Ortsbürgermeister Graul,

es ist kein Geheimnis, dass auch die Ortsgemeinde Thalfang tief verschuldet ist. Dies auch deshalb, da die Landesregierung entgegen ihrer Verpflichtung und unabhängig von der Einnahmensituation der Ortsgemeinden, diese nicht ausreichend mit finanziellen Mitteln ausstattet, damit sie den gesetzlich auferlegten Pflichtaufgaben (Erhalt u. Bereitstellung der Schulen, Kindergärten, Ortsstraßen und Wasserver- u. Endsorgung usw.) nachkommen können.

Schon im Urteil des Verfassungsgerichtshofs vom 16.12.2020 wurde festgestellt, dass die Landesregierung verfassungswidrig agiert, indem sie die Ortsgemeinden finanziell nicht ausreichend ausstattet, um ihren gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtaufgaben nachkommen zu können. 

In den Leitsätzen zum Urteil des Verfassungsgerichtshofes RLP von 16.12.2020 heißt es unmissverständlich: „Die von Art.46. Absatz 6 Landesverfassung gewährleistete Finanzausstattung der Kommunen stellt sich als angemessen dar, wenn die kommunalen Finanzmittel ausreichen, um den Gemeinden und Gemeindeverbänden die Erfüllung aller zugewiesenen und im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung auch die Wahrnehmung (jedenfalls eines Mindestbestandes) selbstgewählter Aufgaben zu ermöglichen.“

Dies wird auch noch einmal mit dem Malbergweich-Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes Leipzig bestätigt: „Mit seinem Malbergweich-Urteil vom 31.1.2013 (BVerwGE 145, 378) hat sich das Bundesverwaltungsgericht große Verdienste um die Auslegung der verfassungsrechtlichen Garantie kommunaler Selbstverwaltung in Art. 28 Abs. 2 GG erworben. Es hat nämlich folgendes sorgfältig herausgearbeitet:

Art. 28 Abs. 2 GG gewährleistet den Gemeinden das Recht auf eine aufgabenadäquate Finanzausstattung (BVerwGE 145, 378 [379 Rn. 11]). Die verfassungsgebotene finanzielle Mindestausstattung der Gemeinden darf nicht unterschritten werden (BVerwGE 145, 378 [383 Rn. 18]). Die Gemeinden müssen hiernach mindestens über so große Finanzmittel verfügen, dass sie ihre pflichtigen Aufgaben ohne (nicht nur vorübergehend) Kreditaufnahme erfüllen können und darüber hinaus noch über eine „freie Spitze“ verfügen, um zusätzlich freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben in einem bescheidenen, aber doch merklichen Umfang wahrzunehmen (BVerwGE 145, 378 [383 f. Rn. 19]).

(Siehe im Detail: https://www.derneuekaemmerer.de/recht/news/kreisumlage-ende-eines-verbreiteten-missverstaendnisses-11453/)

Mein Fazit hieraus ist folglich:

Würde die Landesregierung ihren Pflichten nachkommen und ausreichend finanzielle Mittel auch der Ortsgemeinde Thalfang zur Verfügung stellen, wäre es bei einer ordentlichen Haushaltsführung durch den Ortsgemeinderat (wovon ich grundsätzlich ausgehe) möglich, einen ausgeglichenen Haushalt vorzuweisen und somit nicht notwendig die Bürgerinnen und Bürger von Thalfang mit höheren Umlagen zu belasten.

Da der Ortsgemeinderat den Auftrag hat das Wohl der Einwohner zu fördern, könnte dieser für die BürgerInnen einstehen und als selbstständige Gemeinde – anders als ein Ortsbezirk in einer Einheitsgemeinde oder wie Sie sagen Großgemeinde – das Recht in Anspruch nehmen gegen die Verfassungswidrigkeit der Landesregierung zu klagen.

Als Standortgemeinde könnte Thalfang sogar als Vorreiter und Vorbild für alle anderen Gemeinden, und damit sind nicht nur die Gemeinden der Verbandsgemeinde Thalfang gemeint, einen wesentlichen Beitrag zum selbstbestimmten Handeln, wie im Grundgesetz verankert, leisten. Alle Gemeinden und Ortsbezirke der VG Thalfang zusammengeschlossen könnten ein starkes Signal senden.


Das Recht der kommunalen Selbstverwaltung ist in Art. 28 des Grundgesetzes (GG) verankert, dessen für die Kommunen zentraler Satz (Abs. 2 Satz 1) lautet: “Den Gemeinden muss das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln.


Meine Frage an Sie lautet deshalb: „Wird sich der Ortsgemeinderat von Thalfang schützend vor seine EinwohnerInnen stellen und als selbstständige Gemeinde den Klageweg gegen die Landesregierung gehen, die, wie oben beschrieben und durch mehrere Gerichtsurteile festgestellt wurde, verfassungswidrig handelt?


Vielen Dank im Voraus für Ihre Rückmeldung

Mit freundlichen Grüßen

Silvia Pfeiffer

PS: Da vorliegende Email auch ein Appell an alle Ortsbürgermeister u. Ortsvorsteher sein soll, sende ich diese Email entsprechend weiter.